Ist Datenschutz gleich Täterschutz?

Göttinger Tageblatt
Ist Datenschutz gleich Täterschutz?
Der Datenschutz ist seit jeher ein zweischneidiges Schwert - denn auch die persönlichen oder sensiblen Daten möglicher Täter fallen unter die derzeitige Gesetzeslage. Wird der Täter auf diesem Weg geschützt, sodass die Aufklärung eines Verbrechens sich verzögert oder gar behindert wird? Wann wird Datenschutz zum Täterschutz und wo liegen die Grenzen?

Ist Datenschutz gleich Täterschutz?
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Der Umgang mit unseren persönlichen Daten ist sehr vielfältig. Während einige Mitmenschen sämtliche Details zur ihrem Leben bei Facebook, Instagram und Co. mit ihren Freunden und Familien, aber auch mit völlig fremden Menschen teilen, achten andere ganz genau darauf, nichts Persönliches öffentlich preis zugeben. Damit auch kein Außenstehender unbefugt an private Informationen gelangen kann, gibt es Gesetze zum Datenschutz. Doch über diese Gesetze und deren Auslegung wird in der letzten Zeit immer wieder diskutiert. Wo genau fängt das Recht auf Schutz der persönlichen Daten an und wo steht der Schutz der Öffentlichkeit im Vordergrund? Die Überwachung von öffentlichen Plätzen ist beispielsweise eines der umstrittenen Themen.

Mehr Sicherheit durch Überwachung?
Die erhöhte Terrorgefahr und Angst vor gewalttätigen Übergriffen oder Diebstahl lässt den Ruf nach stärkerer Überwachung lauter werden. Kameras im öffentlichen Nahverkehr, also an Bahnhöfen und in den Zügen, sowie an anderen Brennpunkten in den Städten und Gemeinden, könnten nach Expertenmeinung nicht nur bei der Aufklärung der Verbrechen einen wichtigen Beitrag leisten. Sie dienen auch der Abschreckung und sind damit ein wichtiger Baustein in der Gewaltprävention. Neben verstärkter Videoüberwachung sind auch längere Löschfristen für die gemachten Aufnahmen im Gespräch. Bisher müssen die Bilder in einigen Bundesländern bereits nach 24 bzw. 48 Stunden gelöscht werden. In vielen Fällen könnte es aber sinnvoller sein, wenn man auch nach einigen Wochen noch auf die Aufnahmen zugreifen könnte. Viele Verbrechen, beispielsweise Sexualdelikte werden nämlich erst mit Zeitverzögerung zur Anzeige gebracht. Auf diesem Weg kann man auch nachträglich noch Bewegungsprofile von mutmaßlichen Tätern erstellen. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass auch das Bewegungsmuster von „normalen“ Bürgern erfasst und gespeichert wird.

Müssen wir Abstriche beim Datenschutz machen, um Täter zu überführen?
Die Politik hier in Deutschland diskutieren eifrig. Nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 nahm die Debatte deutlich an Fahrt auf, denn der Attentäter hätte durch eine ausgeweitete Überwachung möglicherweise viel schneller gestellt werden können. In anderen Ländern geht man mit diesem Thema anders um. In Großbritannien sind Schätzungen zufolge rund 6 Millionen Überwachungskameras an öffentlichen Orten installiert. Jeder Bürger wird somit ungefähr 70 Mal am Tag erfasst. Die Aufklärungsrate von Verbrechen steigt durch die Überwachung tatsächlich an und bestätigt somit die Aussage, dass Datenschutz gleich Täterschutz sein kann. Die Proteste gegen diese Form der Überwachung halten sich dabei in Grenzen.

Die Frage, was wichtiger ist – die Aufklärung von Verbrechen oder der Schutz der persönlichen Daten – wirkt auf den ersten Blick leicht zu beantworten. Täter müssen überführt und für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Doch wie hoch darf der Preis dafür sein? Und wie weit dürfen diese Überwachungsmaßnahmen gehen? Die Diskussion zu diesem Thema wird definitiv weitergehen.
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